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Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager

Franz Kapfer, Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager, 2008, Naturholzlatten, schwarze Latten, 4 ...
Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager
Franz Kapfer, Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager, 2008, Naturholzlatten, schwarze Latten, 4 ...
Franz Kapfer, Wunderwürdiges Kriegs- und Siegs-Lager, 2008, Naturholzlatten, schwarze Latten, 4 Spiegel, 6 Sandsäcke, 16 Schemeln für den Aufbau, 500 x 800 x 250 cm, Belvedere, Wien, Inv.-Nr. 9831
© Bildrecht, Wien 2024
Diese Bilddateien werden ausschließlich für privaten Gebrauch zur Verfügung gestellt. Für jegliche Art von Veröffentlichung/ kommerzieller Nutzung kontaktieren Sie bitte unsere Reproabteilung.
  • Datierung2008
  • Künstler*in Franz Kapfer (geboren 1971 in Fürstenfeld)
  • ObjektartInstallation
  • MaterialNaturholzlatten, schwarze Latten, 4 Spiegel, 6 Sandsäcke, 16 Schemeln für den Aufbau
  • Maße
    500 x 800 x 250 cm
  • Inventarnummer9831
  • Standort Derzeit nicht ausgestellt
  • Eingeklemmt zwischen Konsolen und am äußersten Rand einer immerhin 500 Quadratmeter großen Freskomalerei im großen Marmorsaal des Oberen Belvedere fristen zwischen fürstlichen Tugenden – als Kontrast sozusagen – Türkensklaven ihr armseliges Dasein, aufs Haupt geschlagen. Der junge österreichische Künstler Franz Kapfer positioniert in seiner aufrüttelnden wie geistreichen Intervention im Marmorsaal gerade dort, wo man diese Bilder des Jammers und der Unterdrückung sehen kann, große Spiegel auf dem als Folie wie blutrot erscheinenden Boden: düstere Ahnungen steigen auf … Die Geächteten sind nackt, in Ketten gelegt oder gefesselt und haben den Blick flehentlich zum Himmel gerichtet oder resignativ gesenkt. In dem "die Wirklichkeit" leicht verzerrenden Spiegel erscheinen die osmanischen Sklaven zwar seitenverkehrt, jedoch "gleich" nackt, was jedoch nichts ändert an ihrem Stellenwert, nämlich dem der äußersten Randlage im Fresko. Dieses Fresko, im "Salon oder Grossen Sahl" gelegen, von Carlo Carlone (Figurenmalerei) und Gaetano Fanti (Architekturmalerei) gefertigt, dient der Verherrlichung, ja Apotheose des Bauherren, des Prinzen Eugen von Savoyen, der in die Welt der Götter des Olymp eintritt.

    Dazwischen – zwischen den verfremdenden Spiegeln – erhebt sich ein puristisches Lattengerüst, einem abstrakten "Castrum doloris" vergleichbar – das "Zeichen" für Franz Kapfer –, in dem man sowohl das "Wunderwürdige Kriegs- und Siegs-Lager des Prinzen Eugen" gesehen hat, aber auch die Silhouette eines Türkenzeltes. Das Lager des Erzfeindes der Christenheit im Aneignungs-Modus.

    Franz Kapfer versetzt die Besucher/innen des Belvedere, die anmutig durch die Räume schreiten um Geist und Wirken Prinz Eugens nachzuempfinden vom repräsentativen Schloss auf den Feldherrenhügel, lässt sie vom Militärzelt auf die Stadt Wien hinabblicken.

    Mit seinen Objekten, Filmen und Installationen, die oft performativen Charakter aufweisen, hält Franz Kapfer die unterschiedlichen Symbolsprachen gegeneinander und öffnet damit ein Feld für eine neue Betrachtung. Seine präzisen Analysen von Gebräuchen, Bildtraditionen und Architekturen vermögen größere Zusammenhänge zu zeichnen und dadurch ein Handlungsfeld aufzutun.

    Wenn Franz Kapfer muslimische Rüstungsfiguren, den Türkensturz oder das Türkenstechen in seinen Skulpturen und Filmen zitiert, dann handelt es sich stets um eine Revision von Geschichte für deren Neubewertung. In performativen Selbstinszenierungen schlüpft Franz Kapfer in die Rolle eines Fauns, eines Minotaurus oder König Etzels, dessen Einzug in Wien der Künstler inszeniert. Stets geht es um die Macht des bildnerischen Kanons, der eng mit der österreichischen Repräsentationskultur verbunden ist.

    Mit dem Rückgriff auf den kulturhistorischen Fundus an religiösen, mythischen und ideologischen Motiven ist Franz Kapfer den Symbolen der Unterdrückung auf der Spur, jenen Zeichen der Erniedrigung, mit denen die Sieger die Verlierer auch nach dem Kampf noch strafen. Kapfer inszeniert in seinen Arbeiten das Negativ der Herrschaftsposen. Jede Überlegenheitsbezeugung ist eine Überwältigung im buchstäblichen Sinne. Kapfer vollführt Grotesken in denen er die Verhältnisse von Verführten versus Verführern, von Besiegten versus Besiegern, von Untergebenen versus Herrschenden mit all ihrer Abgründigkeit zur Sprache bringt.

    [Eva Maria Stadler, 10/2008]